24. Spieltag: VfB Lübeck - SSV Ulm 1846

Ein Spiel mit zwei Halbzeiten. Die Kritiken sind mir aber teilweise zu harsch; ich habe ehrlich gesagt mir gar nichts gerechnet bzw. eine deutliche Niederlage fest eingeplant. Dass man dann die beste erste Halbzeit der Saison spielt, kam schon sehr - positiv - überraschend. Endlich ein stabiles Mittelfeld mit einem präsenten Sheriff und agilen Egerer, ein deutlich verbessertes Passspiel. Die Ketten stehend erstmals wirklich 20 Meter höher, wie Schnorrenberg es anfangs versprach. Endlich griffigen/galligen Lohmühlenfussball! Dazu natürlich mit Beleme ein signifikantes Upgrade zum vorherigen Sturm, die Euphorie zu ihm war förmlich spürbar im Stadion und als er beim Torschuss-Aufwärmen die Bälle reihenweise im Knick veredelte, wusste ich, heute geht was. Dazu mit Pulido und Velasco zwei starke Techniker die wiederholt die Tiefe suchen, so gehts!

Die zweite Halbzeit war sicherlich Käse, keine Frage. Der Wind war aber tatsächlich extrem. Und sind wir mal ehrlich: Ab Minute 60 merkte man verständlicherweise, dass die Truppe ein ordentliches Pensum abgespult hat. Wenn du dann bei Gegenwind der Stärke 8 vom - für mich - spielstärksten Team der Liga eingeschnürt wirst, sieht doch jeder schlecht aus. Das ist für mich ein objektiv nachvollziehbarer Spielverlauf. Natürlich müssen wir das Spiel dann verstärkt flach verlagern, Ruhephasen schaffen und versuchen höher zu stehen. Aber wir sind halt auch der VfB Lübeck und stehen zurecht im Abstiegskampf, genauso wie Ulm völlig zu Recht bis zum Schluss um den Aufstieg spielen wird.

Zum Glück ist quasi nichts passiert am Spieltag, da alle Konkurrenten Remis gespielt haben. Durch die Siege von Haching und Köln fällt es mir schwer zu glauben, dass die ernsthaft noch unten reinrutschen. Wir müssen also zwei aus Bielefeld/1860/Mannheim/Halle hinter uns lassen. Mein Vermögen würde ich darauf nicht wetten, aber im Fußball zählen am Ende nur Punkte und die Einstellung zum Spiel, als der vermeintliche große Name. In diesem Sinne, alle nach Dresden! Genießen was ist, kämpfen bis zum Ende . Op geit dat

Kann den positiven Beiträgen hier nur beipflichten, das war in der ersten Halbzeit ein ganz anderes Bild zum sonstigen Auftreten. Die Frage, die sich in den kommenden Spielen natürlich stellen wird: können die Männer so einen Fussball mit Pressing bereits in der ersten Linie auch länger als 60 Minuten konditionell mitgehen?

Herzog hat mir wahnsinnig gut gefallen, er hat es viel besser verstanden eine Bindung zu den beiden Sechsern im Spiel herzustellen. Man war in der Mitte endlich mal richtig präsent und hat aktiv aufs Spiel eingegriffen statt nur zu reagieren. Mit seiner Auswechslung ist dieser Verbund dann auch wieder gekippt, da Gözu diese Rolle leider nicht so spielt.

Beleme ist wie die Erlösung auf der 9 - wenn er diese Körperlichkeit und Präsenz so beibehält, dann kann Akono sich noch einiges abschauen. Er schirmt Bälle ab - nervt die Innenverteidiger beim Aufbau - versucht immer anspielbar zu sein und legt die Bälle auch gleich wieder ab um in die Tiefe zu starten. So kann sich ein Angriffsspiel entwickeln - hoffentlich kommt dieser Spieler noch gerade rechtzeitig um sich unten rauszuballern.

Andererseits habe ich noch beim Spiel so zu mir gedacht: Eigentlich ist so eine beschissene Hinrunde viel besser als wenn dir das in der Rückrunde passiert, so erkennst du wenigstens: hier gibt es noch Planstellen und Themen innerhalb der Mannschaft und Harms hat es irgendwie geschafft mit keinem Budget (und das dürfen wir bei aller Kritik auch nicht vergessen wie limitiert Lübeck ist) zweimal Qualität zu holen.

Bielefeld hingegen muss richtig aufpassen, dass das nicht noch ein weiteres Trauma wird. Im sicheren Mittelfeld zum Ende der Hinrunde und jetzt plötzlich mitten im Abstiegskampf mit einer jungen Mannschaft und einem sehr nervösen Umfeld. Worse Case sozusagen.

Ich nehm viel positives mit aus dem Spiel gegen Ulm - was jetzt wichtig wäre, dass man wie gegen Sandhausen Siege holt, wo keiner an einen Lübecker Sieg geglaubt hat. Einmal für die Tabelle, aber auch mental kann sowas viel umwerfen, wenn man plötzlich und kurzfristig merkt: man kann gemeinsam Ziele erreichen, die einem keiner sonst zutraut. So ein Selbstbewusstsein kann dann Gold wert sein.

Da ich meinen Beitrag nicht mehr editieren (bzw. ergänzen) kann, noch ein Nachtrag: In der 55. Minute begeht Beleme lt. Rafati (siehe liga3-online.de) ein strafbares Handspiel im (eigenen) Strafraum, das der Schiri nicht mit einem Strafstoß gegen den VfB ahndet, was Rafati als Fehlentscheidung bezeichnet. Ich möchte nach erneuter Betrachtung der Szene keinen Widerspruch einlegen. Vielleicht kann man es ja als positives Omen werten, dass mal eine Schiedsrichter-Fehlentscheidung zu unseren Gunsten ausging. Mich macht die Situation trotzdem nicht glücklicher.

Also ja, ich verstehe die Argumentation von Rafati und weiß, dass viele Hand-Elfer solcher Art gepfiffen werden, aber ich finde das krass übertrieben...
Ich finde nämlich, es ist eine natürliche Armbewegung, weil du einfach im Gedränge deine Arme immer mit nutzt